Zentrum für Tinnitus und Hyperakusis St.Pölten
Dr. Hannes Schobel
Fuhrmannsgasse 20
3100 St.Pölten
Tel.: 02742 3543 2215
http://www.hnoarzt.at
dr.schobel@aon.at
Zentrum für Tinnitus und Hyperakusis St.Pölten
Patienteninformation
Therapeuten:
Dr. Hannes Schobel
HNO-Facharzt
Mag. Maria Schobel
Dipl. Hörgeräteakustikerin
Dr.Norman Schmid
Klin. Psychologe
Neue Behandlungsstrategien bei chronischen Ohrgeräuschen und krankhafter Lärmempfindlichkeit
Etwa 10% der Österreicher leiden unter einem Ohrgeräusch. Der Leidensdruck durch den „Verlust der Stille“ ist enorm. Für die Betroffenen beginnt oft eine Odyssee von einem Arzt zum anderen, die nicht selten im paramedizinischen Bereich endet. Der schlimme Satz: “Damit werden Sie leben müssen!“ hat heute dank neuer Behandlungsstrategien auch beim chronischen Tinnitus keine Gültigkeit mehr!
Wie entsteht ein Ohrgeräusch?
In unserem Innenohr (der sogenannten „Schnecke“), werden die Schallwellen in elektrische Impulse umgewandelt und auf den Hörnerven übertragen. Das Innenohr ist auch bei absoluter äußerer Stille ein überraschend lauter Ort, in dem ununterbrochen Töne und Geräusche produziert werden. Diese verursachen ein Erregungsmuster, das über den Hörnerven und die Hörbahn das Gehirn erreicht. Das Gehirn hat aber gelernt, dieses Grundmuster dank intakter Filterstationen als Stille zu interpretieren. Jeder Schaden in unserem Innenohr (z.B. das Absterben von Sinneszellen) führt zu einer Veränderung dieses Erregungsmusters. Das veränderte Impulsmuster kann nun vom Gehirn als Ton oder Geräusch interpretiert werden, das die Betroffenen zur Verzweiflung bringen kann.
Akuter Tinnitus
Bei vielen Menschen entwickelt sich einmal im Leben ein Ohrgeräusch. Fast jeder kennt ein nur Sekunden dauerndes Klingeln im Ohr. Auch ein andauernder Ton oder ein Dauergeräusch verschwindet häufig innerhalb von 2-3 Wochen, wenn auslösende Ursachen beseitigt und die richtigen medizinischen und Verhaltensmaßnahmen getroffen werden.
Im Fall eines neu aufgetretenen Ohrgeräusches sollte der HNO-Facharzt umgehend aufgesucht werden. Oft ist eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit notwendig, um alle möglichen Auslöser des Tinnitus abzuklären. Die häufigsten Auslöser sind bei jüngeren Patienten Stress und Lärmbelastung, bei älteren auch eine Mangeldurchblutung. In bis zu einem Drittel der Fälle stößt man auf seelische Konflikte oder Kränkungen.
Die Akutbehandlung erfolgt meist mit durchblutungsverbessernden Infusionen und Medikamenten, Stressreduktion, Blutdruckeinstellung, Lärmkarenz und eventuell auch Krankenstand. In vielen Fällen gelingt es damit ein neu aufgetretenes Ohrgeräusch wieder zum Verschwinden zu bringen oder es so weit abzuschwächen, dass keine Beeinträchtigung der Lebensqualität mehr daraus resultiert.
Chronischer Tinnitus
In einem nicht unerheblichen Anteil der Fälle bleibt das Ohrgeräusch aber bestehen, sodass man 3 Monate nach dem Auftreten von einem chronischen Ohrgeräusch sprechen muss. Für diese Patientengruppe gab es lange Zeit kein fundiertes Therapiekonzept und auch kaum eine schulmedizinische Hilfe. Medikamente sind 3 Monate nach dem Auftreten des Ohrgeräusches wirkungslos, weil das Geräusch längst im Gehirn gespeichert wurde. Tatsächlich lokalisieren die meisten Tinnituspatienten ein chronisches Ohrgeräusch auch nicht mehr im Ohr sondern „im Kopf“. In einzelnen Fällen wurde sogar der Hörnerv durchtrennt um das Ohrgeräusch abzustellen. Dies hatte selbstverständlich eine Taubheit des betroffenen Ohres zur Folge, aber in keinem Fall eine Besserung des Tinnitus!
Die RETRAINING-THERAPIE
Fast alle gesunden Personen, die eine halbe Stunde in einen völlig schalltoten Raum gesetzt werden, geben nachher an, Töne und Geräusche gehört zu haben. Ausgehend von diesem Experiment entwickelten die Tinnitusforscher Jonathan Hazell und Rawel Jastreboff 1995 ein völlig neuartiges Therapiekonzept gegen Tinnitus.
Dieses Therapiekonzept zielt nicht mehr auf die ursprüngliche Tinnitusentstehung im Innenohr, sondern auf Lernprozesse und Wahrnehmungsvorgänge im Gehirn, wo sich der Tinnitus buchstäblich festgesetzt hat. Wir wissen heute durch hochsensible Untersuchungen, dass ein chronischer Tinnitus im Gehirn ganz real mehr Platz in der Hörrinde beansprucht, als diesem Ton eigentlich zusteht!
Die RETRAINING - Therapie basiert auf einem völlig neuen Verständnis für den chronischen Tinnitus. Ihr Ziel ist es nicht mehr das Ohr selbst zu behandeln, sondern das Gehirn und seine Wahrnehmung ist der Angriffspunkt der Therapie.
Hierzu wird der Patient mit sogenannten Noisern ausgestattet. Es handelt sich hierbei um winzige „Rauschgeneratoren“ die hinter dem Ohr oder versteckt in der Ohrmuschel getragen werden. Sie produzieren ein leises Grundrauschen, das so ähnlich klingt wie ein fernes gleichmäßiges Meeresrauschen und vom Träger nicht als unangenehm empfunden wird. Dieses Rauschen wird so eingestellt, dass es eben hörbar ist und das Ohrgeräusch nicht überdeckt wird. Dadurch wird die Situation der „schalldichten Kammer“ vermieden und dem Gehirn ständig eine von außen kommende Schallquelle angeboten, mit der es sich beschäftigen muss. Das eigene Ohrgeräusch tritt im Laufe der ca. 18 Monate dauernden Therapie immer weiter in den Hintergrund. Dieser Umlernprozess des Gehirnes, das sogenannte „Retraining“ führt wieder zur Aktivierung zentraler Filtermechanismen.
Das RETRAINING TEAM
Zur Retrainingtherapie ist die Zusammenarbeit eines speziell geschulten Teams erforderlich.
Außer dem Arzt gehört dem Retraining-Team ein speziell geschulter Akustiker und gegebenenfalls auch ein Psychologe an.
Die Aufgabe des Arztes im Team ist nach der medizinischen Abklärung und Aufdeckung möglicher Grunderkrankung die ausführliche Aufklärung und Beratung des Patienten. Retraining beginnt mit der Aufklärung darüber, dass chronischer Tinnitus keine Erkrankung des Ohres ist, sondern eine Fehlverarbeitung akustischer Signale im Gehirn. Unbewusste Mechanismen in unserem Unterbewusstsein führen zu einer Verstärkung des Tinnitus. Der Patient muss wieder lernen, seine Aufmerksamkeit auf die von außen kommenden Impulse zu richten. Hierbei hilft der NOISER (evt. in Kombination mit einem Hörgerät), der alle Anteile der Hörbahn aktiviert. Die richtige Einstellung dieser Geräte wird vom Arzt erklärt und überprüft.
Der Akustiker stellt die notwendigen Geräte zur Verfügung und passt sie an die individuellen Bedürfnisse des Patienten an. In den meisten Fällen liegt nicht alleine ein Ohrgeräusch, sondern gleichzeitig eine Hörminderung vor. Gerade bei Vorhandensein eines Ohrgeräusches muss aber jede, auch noch so geringe Hörminderung mit Hörgeräten ausgeglichen werden. Oft lässt sich schon alleine durch eine Hörgeräteversorgung, die optimal auf die speziellen Bedürfnisse des Tinnituspatienten abgestimmt ist, eine weitgehende Reduktion des Ohrgeräusches erreichen. Manchmal ist auch die Versorgung mit einem Kombinationsgerät aus Noiser und Hörgerät erforderlich.
In vielen Fällen werden durch den Tinnitus Folgeerscheinungen ausgelöst, die den Tinnitus weiter aufschaukeln. Möglich sind Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, Stress, Sorgen und eine depressive Verstimmung. Die Aufdeckung und Behandlung begleitender seelischer Störungen gehört in die Hand eines dafür geschulten Psychologen. In vielen Fällen ist ein seelisches Trauma Auslöser des Tinnitus, sodass eine psychotherapeutische Begleitung und Aufarbeitung der auslösenden Faktoren notwendig wird. Damit soll aber nicht der Eindruck erweckt werden, dass jeder Tinnituspatient einer psychologischen Hilfe bedarf.
Hyperakusis
Die richtige Verarbeitung von Geräuschen ist für Mensch und Tier zum Überleben unerlässlich und wurde im Rahmen der Evolution jahrtausendelang geübt. So werden alle Geräusche die wir aufnehmen, noch bevor sie uns bewusst werden, im unbewussten Teil unserer Hörbahn gefiltert und emotional bewertet. Wenn wir beispielsweise nachts durch den Wald gehen, löst ein leises Knacksen im Gebüsch bei uns sofort eine massive Adrenalinausschüttung aus: Das Herz pocht bis zum Hals, alle Muskeln sind angespannt und bereit zur Flucht.
Kommt es in der unbewussten Ebene der Hörbahn im Gehirn zu einer Fehlinterpretation von harmlosen Geräuschen, so reagieren wir auf das harmlose Knacksen einer Heizung beispielsweise genauso wie auf das Knacksen im finsteren Wald. Diese Krankheit wird Hyperakusis genannt. Sie ist noch weitgehend unerforscht, sodass Patienten bei Ärzten und Gutachtern häufig kein Verständnis finden. Betroffene Patienten erschrecken bei leisen Geräuschen und ziehen sich aus der Gesellschaft zurück weil ihnen eine Unterhaltung mit mehreren Personen schon unangenehm laut ist. Ziel der Therapie ist es, die unbewussten Filter im Bereich der Hörbahn wieder umzutrainieren. Dazu ist auch die Versorgung der Betroffenen mit einem Rauschgenerator erforderlich. Die Therapiedauer beträgt etwa 18 Monate, die Chancen auf eine Heilung sind aber sehr gut. Tinnitus und Hyperakusis treten oft kombiniert auf.
Zusammenfassend bietet die Retrainingtherapie eine völlig neue Chance für chronische Tinnituspatienten. Diese Form der Therapie kommt ohne Medikamente aus und erfordert eine aktive Mitarbeit des Patienten. Die Kosten für Noiser werden von den kleinen Krankenkassen bereits teilweise übernommen. Sie ist eine Teamarbeit und wird unter anderem in den unten angeführten Zentren angeboten. Eine Liste aller Ärzte, die Retraining anbieten erhalten Sie bei der Österreichischen Tinnitus - Liga.
Nützliche Adressen:
ÖTL - Österreichische Tinnitus – Liga
8029 GRAZ Postfach 23
Tel.: 0316 28 91 30
http://www.tinnitus.at
Zentrum für Tinnitus und Hyperakusis St.Pölten
Dr. Hannes Schobel
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3100 St.Pölten
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